Zoff um Schuldnerberatung: Zwei der vier Träger sollen weg
Ampel-Fraktionen und Stadt wollen Mittel für SkF und SKM nicht erhöhen, dafür aber Diakonie und Verbraucherzentrale stärker fördern. Die CDU wittert dahinter Vetternwirtschaft.
n Krefeld plant die Stadt eine Neuaufstellung der Schuldner- und Insolvenzberatung. Seit vielen Jahren wird sie von vier freien Trägern umgesetzt: Diakonie, Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), Katholischer Verein für Soziale Dienste (SKM) und Verbraucherzentrale – in Zukunft sollen zwei davon wegfallen, nämlich Skf und SKM. Diakonie und Verbraucherzentrale sollen dafür mehr Mittel erhalten. In einem Brief an OB Frank Meyer und die Ratsfraktionen wehren sich die beiden Geschäftsführerinnen Caroline Frank (SKM) und Martina Eckers (SkF) dagegen – unterstützt werden sie von der CDU.
Deren sozialpolitische Sprecherin Britta Oellers fährt schweres Geschütz auf: „Der Entschluss der Ampel-Fraktionen ist in der Sache daneben, weil gerade SkF und SKM besonders erfahren und kompetent in der Schuldnerberatung sind, während die Verbraucherzentrale beim Thema Insolvenz nicht mal anerkannte Beratungsstelle ist. Und auch finanzpolitisch ergibt das keinen Sinn.“ Denn durch die Streichung von jeweils 42 700 Euro für SkF und SKM spare man zwar 85 400 Euro ein, gebe aber viel mehr an die anderen Träger (die Diakonie soll zusätzlich 116 000 Euro beziehen) aus – und verliere zunächst mal die insgesamt 3,6 Vollzeitstellen in der Schuldnerberatung von SkF und SKM. Oellers: „Die Stadt gibt also mehr Geld für Schuldnerberatung aus, bekommt aber ein kleineres Angebot.“
Britta Oellers: „Das hat schon ein Geschmäckle“
Denn Skf und SKM steuerten erhebliche Eigenmittel bei, auch das Land gebe Geld, nur so seien 3,6 Stellen bei einem Stadtzuschuss von 85 400 Euro zu stemmen. „Auf all das will die Stadt jetzt ohne Not verzichten“, schimpft Oellers, die zudem den Umgang der Stadt mit den „beiden verdienten Trägern“ anprangert: „Man hat vor dem Haushaltsbeschluss nicht mal mit ihnen gesprochen.“ Sie wittert dahinter sogar eine mögliche Vetternwirtschaft: „Es hat schon ein Geschmäckle, wenn von der Ampel vor allem die Diakonie üppig ausgestattet werden soll – bei der Grünen-Bürgermeister Ludwig beschäftigt ist.“
Der angesprochene Karsten Ludwig nennt Oellers Aussage „sehr unehrlich“, denn: „Ich achte streng darauf, Berufliches und Politisches zu trennen, habe zudem mit der Schuldnerberatung rein gar nichts zu tun.“ In der Sache hoffe er auf mehr Effizienz, wenn es zwei statt vier Träger beim gleichen Thema gebe. Ludwig: „Die Diakonie macht da bei weitem die meisten Beratungen, daneben wollten wir mit der Verbraucherzentrale im Sinne der Klienten auch einen nicht-kirchlichen Träger.“
Unstrittig ist, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mehr Menschen eine Schuldner- oder Insolvenzberatung benötigen. So berichten die Träger in Krefeld von steigenden Beratungszahlen 2023. Allein bei der Schuldnerberatung des SKM sprachen bis Ende April 325 Klienten vor, in der Regel muss man aktuell vier Monate auf einen Termin warten. Auch die Diakonie spricht von seit Jahren steigenden Beratungszahlen.
Für die SPD-Fraktion sagt Stella Rütten, die sozialpolitische Sprecherin, dass man vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage „vereinzelt auch harte Entscheidungen“ habe treffen müssen. Dagegen erhebe die CDU regelmäßig Forderungen, „ohne mitzuteilen, wie diese finanziert werden sollen“. So verhalte es sich auch beim Thema Schuldnerberatung, Rütten: „Wir haben entschieden, die Verwaltung mit einer Neustrukturierung der Schuldnerberatung zu beauftragen. Deshalb haben wir Anträgen für zusätzliches Personal für die Schuldnerberatung von SkF und SKM zunächst nicht entsprochen, wenngleich wir ihre Arbeit sehr wertschätzen. Den Anträgen von Diakonie und Verbraucherzentrale zur Erweiterung der Schuldnerberatung haben wir zugestimmt.“ Grundsätzlich sei die Pluralität in der Trägerlandschaft der SPD ein wichtiges Anliegen, so Rütten.
Die CDU fordert, dass die Ampel ihr Veto gegen die Schuldnerberatungen von SkF und SKM für 2024 revidiert und dies auch zeitnah anzeigt: „Denn beide Träger benötigen Planungssicherheit, ansonsten müssen sie langjährigem Personal kündigen“, sagt Oellers.
Quelle:
Westdeutsche Zeitung, 27.06.2023
Von Alexander Schulte
Foto: Dirk Jochmann