Unterschätzte Gefahr
Die Videos muten auf den ersten Blick harmlos an: Eine junge Frau steht vor einem Spiegel, lächelt in die Kamera. Der Teufel steckt im Detail. Denn im Untertitel ist zu lesen „Ich wette, niemand kann meine Klarna-Schulden toppen“. Nur Augenblicke später wird der vierstellige offene Betrag beim Zahlungsdienstleister Klarna eingeblendet. Unter dem Stichwort Klarnaschulden gibt es seit Wochen dutzende Videos, in denen vor allem junge Menschen ihre ausstehenden Zahlungen präsentieren. Teils sind Accounts mit großer Reichweite darunter, die mit ihren eigenen Erfahrungen für das Thema sensibilisieren wollen. Mitunter scheint es trotzdem, dass die Gefahr, die von der einfachen Möglichkeit der Ratenzahlung ausgehen kann, vielfach unterschätzt wird.
Dies liegt wohl auch an der modernen Ansprache, die von den Zahlungsdienstleistern gewählt wird. Mit markigen Slogans wird da geworben. „Fuffis im Club, aber Konto außer Kontrolle? Komm mal Klarna“ heißt es da in den Werbebotschaften. Das kommt an bei den jungen Menschen.
Insofern ist es nur richtig, dass die Schuldnerberatungen das Thema offensiv angehen und es genau dort ansprechen, wo sich die Zielgruppe befindet, nämlich in den Schulen. Dabei geht es keineswegs darum, mahnend den Zeigefinger zu heben und die Zahlungsdienstleister zu verteufeln, sondern rein um eine Sensibilisierung für die möglichen Folgen einer regen Inanspruchnahme des Angebots. Das große Interesse am Thema zeigt, dass hier ein Nerv getroffen wurde.
Quelle:
Westdeutsche Zeitung, 12.06.2024
Von Gordon Binder-Eggert